Denkanstöße mit Theodor Heuss: Stadt Brackenheim

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15 Stelen zu Demokratie und Freiheit

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15 Stelen zu Demokratie und Freiheit

Fünfzehn Stelen in der Altstadt und den weiteren sieben Stadtteilen Brackenheims transportieren jeweils einen Gedanken, ein Zitat von Theodor Heuss. Sie beschäftigen sich mit den Themen Demokratie und Freiheit. An gut frequentierten Standorten können Bürgerinnen und Bürger sowie die Gäste der Heuss-Stadt sich zum Selbst-und Weiterdenken einladen lassen. Ein QR-Code leitet weiter zu Online Informationen über Theodor Heuss und das jeweilige Zitat: wann und wo wurde es gesagt, in welchem historischen Kontext, wie lautet es in voller Länge.

Standort Brackenheim Theodor Heuss Museum

Ich wünsche mir, daß meine Landsleute bei diesem Abschiedswort, das von dem Dank für viel Liebe begleitet ist, dies spüren, daß ich selber auch nie „reguliert“ wurde, sondern nur in dem Wechsel der Sachlagen, der Aufgaben, sei es drinnen, sei es draußen, mir die innere Freiheit nie rauben ließ. Sie ist der köstlichste Besitz, den Gott dem Menschen als Möglichkeit geschenkt hat und den als Aufgabe zu begreifen seine Würde bestimmt.

Theodor Heuss: Abschiedsrede Bonn – 12. September 1950.
In: Theodor Heuss: Die großen Reden – Der Staatsmann, Tübingen 1965, S.314

Über die Sender aller westdeutschen Rundfunkanstalten verabschiedete sich nach zehnjähriger Amtszeit Theodor Heuss als Bundespräsident von der Bevölkerung.

Standort Bandhausplatz

Denn so sehr ich begreife, wie Sie den Mangel an Kameradschaft empfinden oder sich über Feindseligkeiten von Menschen innerlich aufhalten – mit den Fragen der Staatsform oder der Staatsführung hat das ja gar nichts zu tun. Der Staat selber kann ja diese individuellen Reaktionen nicht durch eine Gesetzgebung austilgen. Das ist ein Erziehungsprozeß. Ich habe es ja als meine Aufgabe betrachtet, den Deutschen zu helfen, aus der Verkrampfung der nationalsozialistischen Zeit herauszukommen, manchmal ist es geglückt, an anderen Stellen nicht.

Theodor Heuss an Ernst Vogel, 28.1.1955
In: Theodor Heuss: Hochverehrter Herr Bundespräsident! Der Briefwechsel   mit der Bevölkerung 1949-1959, herausgegeben und bearbeitet von Wolfram Werner; Berlin/New York 2010, S.393

Nach seiner Wahl erreichten  Bundespräsident Theodor Heuss täglich aus der  Bevölkerung Hunderte von  Briefe. Seine zahlreichen persönlichen und meist zeitnahen Antwortschreiben zeigen Heuss  in seiner ihm eigenen Verbindlichkeit, seinen oft ironischen Humor, mitunter auch den belehrenden Pädagogen. Fühlte er sich angegriffen war der Ton gelegentlich auch etwas direkter.

Standort Altes Dekanat

Es gibt in der Politik keine absoluten Wahrheiten, sondern fast nur Relationen. Ich bin Demokrat, nicht aus Haß der Junker, sondern weil ich glaube, daß Deutschland, das industriell werdende Sechzig-Millionenvolk, die Demokratie braucht wie das tägliche Brot und den Segen Gottes, wenn es in der Weltgeschichte und Weltwirtschaft vorwärts kommen will.

Theodor Heuss an Lulu von Strauß und Torney, 14. Januar 1909
In: Theodor Heuss – Lulu von Strauß und Torney. Ein Briefwechsel; Düsseldorf-Köln, 1963, S.155

In München traf der 19jährige Student Theodor Heuss auf einer Faschingsfeier die damals schon bekannte Balladendichterin Lulu von Strauß und Torney. Daraus entspann sich bis 1916 eine rege Korrespondenz mit der elf Jahre älteren Schriftstellerin.

Standort Brackenheim Heilbronner Straße/Marktstraße

E i n w o h n e r  wollen, müssen magistratlich, behördlich betreut werden, -  B ü r g e r  wollen sich selbst betreuen. Es ist eine knappe Wendung in der Gefühlslage, aber sie ist entscheidend. Oder so: der Einwohner einer Stadt ist eine  z ä h l b a r e  statistische F e s t s t e l l u n g,  - der Bürger eine  w e r t h a l t i g e  K r a f t.  In dem Verhalten, auch in dem Verhältnis zwischen beiden Kategorien bleibt über Verkehrsprobleme, Straßenfluchtpläne, Gemeindeabgaben, Fürsorgewesen, Kommunalkredit und so fort, und so fort das Schicksal auch der “Stadt der Zukunft“ eingeschlossen, - - i n   n i c h t s  a n d e re m !

Theodor Heuss: Die Stadt der Zukunft. Rede zum fünfzigjährigen Bestehen des Deutschen Städtetages, Frankfurt 11.6.1955
In:  Baukunst und Werkform. Eine Monatsschrift für alle Gebiete der Gestaltung; Jahrgang VIII 1955, Heft 8, S.465

Von 1918 bis 1921 hauptamtlich in der Geschäftsstelle des Deutschen Werkbunds tätig, gründete das Interesse von Theodor Heuss für Fragen der Architektur und des Städtebaus in diese Zeit. In diesen Jahren liegt auch der Beginn seiner Freundschaft mit dem Architekten, Werkbund-Mitgründer (1907) und 1. Vorsitzender (1919-1921) Hans Poelzig. Über den Bauhaus-Architekten schrieb Theodor Heuss eine Biographie, die 1939 erschien und deren Wiederauflage 1941 nicht mehr möglich war.

Standort Brackenheim Rathaus

Was hat Heilbronn mir gegeben? Demokratie als Lebensform. Und was heißt Demokratie als Lebensform? Doch nur dies: dem Menschen, gleichviel wer er sei und woher er käme, als Mensch zu begegnen.

Theodor Heuss: Rede in Heilbronn, 16. September 1950, beim Richtfest des Rathauses auf dem Marktplatz
Quelle: Stadtarchiv Heilbronn Signatur ZS 10743 Heuss, Theodor

Der altsprachliche Zug der Vereinigten Oberschulen erhielt am 16.9.1950 den Namen seines berühmtesten Schülers, Theodor Heuss, der zur Einweihung des Robert-Mayer-Schulgebäudes und der Rosenauschule an diesem Tag in Heilbronn war.

Standort Zbrosławice-Kreisel/Georg-Kohl Straße

Ich weiß nicht, wer von Ihnen gestern dabei sein konnte, als wir am ersten Mai, vor den Ruinen des alten Reichstages, die Hunderttausende von Berlinerinnen und Berlinern versammelt vor uns sahen. In freiwilligem Vollzug beginnt eine Bürgergesinnung sich selbst als verantwortliche Macht zu spüren – da war etwas von Pathos eines Geschichtsgefühls vorhanden -: keiner war gepreßt worden, zu erscheinen, jeder wußte um den tiefen Sinn eines gemeinsamen Bekenntnisses zur Freiheit. Masse? Menge? Die Unterscheidung verschwimmt – d i e  ä u ß e r e  
F re i h e i  t   d e r   V i e l e n   l e b t  
a u s   d e r   i n n e r e n   F r e i h e i t   d e r   E i n z e l n e n.  Es war ein großer Vorgang im Sinne der selbsterzieherischen Verantwortung.

Theodor Heuss: Formkräfte einer politischen Stilbildung.
Vortrag gehalten am 2. Mai 1952 vor der  „Vereinigung für die Wissenschaft von der Politik“, Berlin und am 10. Juni 1952 vor der „Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn“.
In: Schriftenreihe der deutschen Hochschule für Politik Berlin; Politeia – Bonner Universitätsreden, Berlin 1952, S. 37

Der gelehrte Staatsmann Theodor Heuss brillierte in zahlreichen akademischen Reden.

Standort Brackenheim Bürgerzentrum

Vor etwa 25 Jahren hat in der demokratischen Reichstagsfraktion einer gesagt: Sie, Heuss, als Kulturpolitiker werden doch mit dieser Maßnahme einverstanden sein? Worauf ich die etwas unwirsche Antwort gegeben habe: „Mit Politik kann man keine Kultur machen; vielleicht kann man mit Kultur Politik machen“. Ich kann nicht sagen, daß diese wohl etwas snobistische Bemerkung mich damals in dem Kreis meiner Freunde sehr populär gemacht hätte.

Theodor Heuss: Kräfte und Grenzen einer Kulturpolitik. Rede auf der Tagung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Stuttgart 17. Mai 1951.
In: Theodor Heuss: Die großen Reden - Der Staatsmann, Tübingen 1965, S.137

An welcher Stelle wäre diese Aussage richtiger als an dem Brackenheimer Kultur- und Bürgerzentrum! Hier findet alljährlich auch die Festveranstaltung mit Bürgerempfang zum Tag der Deutschen Einheit statt. Und das bereits seit 1990.

Standort Brackenheim Schulzentrum

Ich pflege meine Entschlüsse aus eigener Entscheidung zu treffen – diese nimmt mir vor der Geschichte und vor meinem Gewissen niemand ab.

Theodor Heuss: Hüter der Verfassung.  Rundfunkansprache am 10.12.1952 zum Verzicht auf ein Gutachten des Bundesverfassungsgerichts über die Vereinbarkeit der deutsch-alliierten Verträge vom Mai 1952 mit dem Grundgesetz
In: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung 1952, S.1729,  zitiert nach: Der Spiegel 51 vom 17.12.1952, S.9

Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) sollte eine weitergehende westeuropäische Einigung fördern, vor allem auch militärisch. Frankreich, die Benelux-Staaten, Italien und die Bundesrepublik Deutschland wären daran beteiligt gewesen; letztere hatte auch deshalb daran Interesse, weil so auch Wiederbewaffnung und Ende des Besatzungsstatuts gleichzeitig erfolgt wären.

Standort Botenheim Kelter

Aber was wir lernen können, und müssen, heute schon, sind die seelischen Elemente einer demokratischen Verfahrensweise. Sie sind im letzten ganz einfach: Die  A c h t u n g   v o r  d e m  a n d e r e n , vor dem Raum seines Menschentums. Demokratie ist nicht bloß Stimmenzählen, sondern e i n  V e r h a l t e n , das im Ringen um Macht und Führung den anderen zu respektieren weiß. Was für ein lästerlicher Hohn, wenn Hitler sich gelegentlich einen „Demokraten“ nannte, weil er eine Zeitlang die Maschinerie der plebiszitären Quasi-Abstimmungen in Bewegung setzte!

Theodor Heuss: Erziehung zur Demokratie, Rundfunkansprache als Kultminister von Nordwürttemberg und Nordbaden am 3. 10 1945
In: Schicksal und Aufgaben. Reden von Ministerpräsident für Nordwürttemberg und Nordbaden Dr. Reinhold Maier und Kultminister Dr. Theodor Heuss, Stuttgart o.J. Herausgegeben mit Genehmigung der Publications Control 6871st DISCC, S.20

Erziehung zu demokratischen Werten vor allem auch in der Bildungs- und Jugendpolitik war für Theodor Heuss zentrales Element und positiver, in die Zukunft gerichteter Gegenpol zur Entnazifizierung nach 1945. Die demokratische Umerziehung sollte seiner Meinung dabei nicht als Um-Erziehung der alliierten Besatzungsmächte geschehen, sondern als Selbst-Erziehung der Deutschen einen grundlegenden Mentalitäts- und Einstellungswandel befördern.

Standort Meimsheim Kelter/Halle

Auch Demokratie ist keine Zauberformel für die Nöte der Welt; die gibt es auch in der Demokratie. Demokratie heißt nicht nur Wählerstatistik und ist nicht nur ein Rechenverfahren, sondernim Elementaren die Anerkennung eines freien Menschentums, das auch im Gegner den Partner sieht, den Mitspieler.

Theodor Heuss: Um Deutschlands Zukunft. Rede vor dem Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, Berlin 18.03.1946
In Theodor Heuss: Aufzeichnungen 1945-1947, Tübingen 1966, S.206f.

Als einer der ersten westdeutschen Politiker besuchte Theodor Heuss, seit 24.9.1945 württemberg-badischer Kultminister, das Berlin der Nachkriegszeit. Er folgte einer Einladung des Dichters und späteren DDR-Kulturministers Johannes R. Becher, den er aus der Zeit der Weimarer Republik persönlich kannte. Seinen stark beachteten Vortrag hielt Heuss öffentlich im Haus des Rundfunks, Berlin-Masurenallee. Die russischen Behörden untersagten allerdings die Ausstrahlung der Tonaufnahme des Vortrags über Rundfunk

Standort Hausen Kirchplatz

Dies ist nun die sehr schwierige Situation, in der, nicht bloß bei uns, die Demokratie steht. Sie ist anspruchsvoller an Wissen und Gewissen des einzelnen; der Totalitarismus mag und wird, trivial gesprochen, unbequem für sehr viele sein, aber er ist  d e n k b e q u e m  für  a l l e. Das war und blieb, neben Drohung, Einschüchterung, Vernichtung, das eigentümlich Attraktive für eine Zeit der Enttäuschungen und Lebensgefährdungen – der gepflegte Führerkult und die „Linientreue“ gaben zugleich den Denkfaulen oder Denkarmen, neben den Zynikern, die Chance der Machtteilhaberschaft, die man eben „Treue“ nannte.

Theodor Heuss: Formkräfte einer politischen Stilbildung.
Vortrag gehalten am 2. Mai 1952 vor der  „Vereinigung für die Wissenschaft von der Politik“, Berlin und am 10. Juni 1952 vor der „Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn“
In: Schriftenreihe der deutschen Hochschule für Politik Berlin; Politeia – Bonner Universitätsreden, Berlin 1952, S.36

Der gelehrte Staatsmann Theodor Heuss brillierte in zahlreichen akademischen Reden.

Standort Dürrenzimmern Kelterplatz

Ich spreche jetzt mit der gebotenen Vorsicht. Neulich hat wohl ein besorgter Zeitungsmann geschrieben, der Bundespräsident dürfe auch wie jeder Bürger seine Meinung sagen. Natürlich, der Mann hat recht, ich kann schon sagen, was ich sagen will, aber ich sage eben nur das, was ich will. Das Ergebnis ist, daß wir, im Beginn wohl auch mit Zonenabtönungen, in diesen ländermäßig verselbständigenden Verfassungswesen eine wechselreiche Formulierungsfülle bekamen: auf einer Seite von Traditionen gespeist, auf der anderen Seite abhängig von Mehrheitsverhältnissen der einzelnen Parlamente. Man muß  das als gegeben hinnehmen: Demokratie ist nie bequem.

Theodor Heuss: Kräfte und Grenzen einer Kulturpolitik. Rede auf der Tagung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Stuttgart 17. Mai 1951.
In: Theodor Heuss: Die großen Reden - Der Staatsmann, Tübingen 1965, S.154

Standort Neipperg Kelter

Niemand wird, so hoffe ich, mißdeuten, und mancher wird, denke ich, verstehen, wenn ich in dieser mich sehr bewegenden Stunde, die mein Leben verwandelt, zunächst persönliche Dinge ausspreche und zweier Männer gedenke: meines früh verstorbenen Vaters, der in die Seelen seiner jungen Söhne die Legenden des Jahres 48 gegossen hat, die mit der Familiengeschichte verbunden sind, und der uns einen Begriff davon gab, daß  die Worte Demokratie und Freiheit nicht bloß Worte, sondern lebensgestaltende Werte sind.

Theodor Heuss: Rede im Bundeshaus, Bonn 12.September 1949
In: Theodor Heuss: Die großen Reden - Der Staatsmann, Tübingen 1965, S.88

Nach seiner Wahl zum ersten deutschen Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung dankte Theodor Heuss nach seiner Vereidigung im Bonner Bundeshaus den Volksvertretern und anschließend auf dem Bonner Marktplatz seinen Mitbürgern. Da es damals noch keine Nationalhymne durch die Alliierten erlaubt war, stimmte der Bundespräsident am Ende seiner Rede den Choral "Großer Gott wir loben dich" an.

Standort Haberschlacht beim Mann im Fass

Auch in der Demokratie ist der Staat ein Herrschaftselement mit Befehlsgewalt und Gehorsamsanspruch. […] Demokratie ist Herrschafts-Auftrag auf Frist. Das Entscheidende der Demokratie ist in dem funktionalen Leben der Kritik die Unkündbarkeit der Herrschaft, das Kündigungsrecht, das beim Volk liegt.

Theodor Heuss : Rede vor der Verfassunggebenden Landesversammlung für Württemberg-Baden am 18.07.1946
In: Quellen zur Verfassung von Württemberg-Baden, bearbeitet von. Paul Sauer, Stuttgart 1997, S.50

Standort Stockheim Halle

Die Demokratie hat im Recht und in der Wirtschaft eine ethische Forderung, daß  kein Mensch zum Mittel in der Hand eines anderen werde, sondern daß er seinen Wert und seine freie Würde als Selbstzweck und Träger von Persönlichkeitswerten hat.

Theodor Heuss: Rede auf dem Parteitag der DDP am 14.12.1920
In: Bericht über die Verhandlungen des 2. Ordentlichen Parteitags der DDP, herausgegeben von der Reichsgeschäftsstelle der DDP, Berlin 1921, S.227

Bei den Wahlen zum 1. Reichstag am 6. Juni 1920 war Theodor Heuss ebenso wie zur Verfassunggebenden Nationalversammlung 1919 nicht gewählt worden. Von 1924-28 und 1930-33 war Heuss Mitglied des Deutschen Reichstag für die Deutsche Demokratische Partei bzw. Deutsche Staatspartei

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