Amtsblatt aktuell: Stadt Brackenheim

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Veröffentlichung: 41/2025

Cem Özdemir bei der Feierstunde zum Tag der Deutschen Einheit

Am Vorabend des Tags der Deutschen Einheit feierte die Stadt Brackenheim zum 36. Mal den Tag der Deutschen Einheit. Mit Cem Özdemir hat am vergangenen Donnerstag ein renommierter Politiker die Festrede übernommen, der wohl bundesweit zu bekanntesten politischen Persönlichkeiten zählt. Özdemir war einer der ersten Abgeordneten mit Migrationshintergrund im Deutschen Bundestag. Sein politischer Weg führte ihn anschließend über viele Stationen: Er war Landesvorsitzender seiner Partei, Mitglied des Europäischen Parlaments und lange Jahre eine prägende Stimme im Deutschen Bundestag. Bis zum vergangenen Jahr trug er u.a. als Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Regierungsverantwortung. In Brackenheim sprach er zum Thema: „Denk´ ich an Deutschland“.

Lange Tradition

„Der Tag der Deutschen Einheit ist ein Geschenk. Er erinnert uns an jenen Herbst 1989, als Menschen in Leipzig und Dresden, in Berlin und Erfurt auf die Straßen gingen. Ohne Waffen, aber mit Kerzen in den Händen. Ohne Gewalt, aber mit dem Ruf nach Freiheit auf den Lippen“, betonte Bürgermeister Thomas Csaszar bei seiner Begrüßung. Die Mauer fiel nicht durch Panzer und Gewalt, sie fiel durch Mut und Zivilcourage. Deshalb habe es sich die Stadt zur Aufgabe gemacht, an diesen glücklichen Tag für Deutschland mit einer Feierstunde zu erinnern, auch im Sinne des großen Sohns Theodor Heuss, „der in den Stürmen seiner Zeit niemals das Vertrauen in die Freiheit verloren hat“. Schon ein bisschen stolz ist der Schultes daher, dass die Heuss-Stadt als eine von bundesweit ganz wenigen Kommunen die Tradition der Feierstunde seit Anbeginn pflegt und dabei die Möglichkeit bietet, sich mit sich mit aktuellen gesellschaftlichen und politischen Themen auseinanderzusetzen. Dass diese Tradition, aber auch der Festredner und sein Redethema auf ein großes Interesse stießen, belegte das mit über 600 Menschen vollbesetzte Bürgerzentrum.

Demokratie unter Druck

„Während wir feiern, spüren wir auch, dass unsere Demokratie unter Druck steht“, unterstrich Bürgermeister Thomas Csaszar bei seinem Grußwort. Der russischen Angriffskrieg, Hass und Lügen in den sozialen Medien, Polarisierung und Gleichgültigkeit bedrohen den Zusammenhalt und damit auch die Demokratie. Die zentrale Botschaft des Tages lasse sich daher mit folgendem Heuss-Zitat auf den Punkt bringen: „Demokratie ist nicht das Werk einiger weniger, sondern die Aufgabe aller.“ Schließlich, so Csaszar, beginne Demokratie nicht bei der großen Politik, sondern im Kleinen: „Sie beginnt in der Art, wie wir miteinander reden. Im Respekt vor anderen Meinungen. Im Mut, Widerspruch zu leisten, wenn Menschen ausgegrenzt oder diffamiert werden. Demokratie lebt davon, dass wir Verantwortung übernehmen – im Ehrenamt, im Gemeinderat, in der Schule, im Sportverein, in der Nachbarschaft“.

Die Demokratie sei daher wie ein Haus, in den wir alle leben. „Wenn wir es nicht pflegen, wenn wir nicht gemeinsam das Dach flicken und die Fundamente stärken, dann wird es irgendwann brüchig. Aber wenn wir anpacken, wenn wir einander helfen – dann bleibt es stark, dann trägt es Generationen“.

Denk´ ich an Deutschland

„Wenn ich an Deutschland denke, dann empfinde ich in erster Linie Glück und Dankbarkeit“, brachte Cem Özdemir bei seiner Festrede zum Ausdruck, „Wenn ich an unser Land denke, dann spüre ich den Geschmack von Freiheit, dann denke ich an eine der besten Demokratien der Welt, in der man diskutieren und kritisieren darf, ich denke dann an die Wiedervereinigung, an unsere wichtige Rolle in Europa.“

Doch wie steht es heute um Deutschland? „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mir nicht auch Sorgen mache“, betonte der Festredner. Vieles in unsere Welt habe sich in den vergangenen Jahren so grundlegend geändert, dass man nicht einfach so weitermachen könne. Sein Schlussfolgerung: „Es gibt keinen Masterplan, aber Orientierungsmarken“. Und diese trug Cem Özdemir im Rahmen seiner Festrede vor.

Gemeinsinn, Zuversicht und Engagement

Obwohl die Nachrichten voller Negativschlagzeilen seien und große Aufgaben anstünden, gebe es auch viele positive Nachrichten, die oft in den Hintergrund rücken – zum Beispiel der weltweite Rückgang der Armut, der zunehmende Zugang zu Trinkwasser. Doch der Pessimismus habe auch unser Land erfasst. „Deshalb müssen wir nun von der Sorge ins Handeln kommen“. Denn schließlich sei Zukunft nicht etwas, das einfach so passiert. Zukunft könne vielmehr aktiv gestaltet werden.

So hält er es für wichtig, die Kräfte des Zusammenhalts zu stärken. „Uns verbindet so viel mehr als uns trennt“, betonte er. Politisch komme es auf ein starkes und verteidigungsfähiges Europa, aber auch auf einen handlungsfähigen Staat sowie auf die Förderung der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen an.

Doch am meisten Mut für die Zukunft würden ihm die Menschen machen – die wie in seiner Heimatstadt Bad Urach und auch in Brackenheim dazu bereit sind, sich für die Gemeinschaft, für die Demokratie einzubringen. Baden-Württemberg sei mit einer Ehrenamtsquote von 46 Prozent deutschlandweit ganz vorne mit dabei. Und dieses bürgerschaftliche Engagement sei in Zukunft gefragter denn je: Es komme darauf an, nicht die Hände in die Hosentasche zu stecken, sondern die Ärmel hochzukrempeln, nicht nur an sich, sondern auch an andere zu denken. „Dieses Engagement ist die Heimat unseres demokratischen Lebensstil und auch entscheidend für unsere Zukunft“, appellierte er zum Abschluss seiner Festrede.

Stehempfang

Zum Ausklang der Feierstunde hatten die Besucherinnen und Besucher dann die Gelegenheit, sich beim anschließenden Stehempfang in gemütlicher Runde bei einem Gläschen Wein über die Rede auszutauschen sowie über die Impulse und Denkanstöße des Gastredners zu diskutieren. Die Stadt Brackenheim dankt herzlich dem Musikverein Brackenheim e.V. unter der Leitung von Erwin Kornherr, der in hervorragender Form für die musikalische Umrahmung der Feierstunde sorgte.

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