Thorsten Frei bei der Feierstunde zum Tag der Deutschen Einheit
Und noch ein Jubiläum: Am vergangenen Samstag feierte die Stadt Brackenheim zum 35. Mal den Tag der Deutschen Einheit. Mit Thorsten Frei, Bundesgeschäftsführer der CDU-/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, hat ein renommierter Politiker die Festrede übernommen, der seine Wurzeln in Baden-Württemberg und als ehemaliger Oberbürgermeister von Donaueschingen im kommunalen Bereich hat. Er sprach zum Thema: „Das Grundgesetz-75 Jahre Erfolgsgeschichte für Deutschland“.
Lange Tradition
Seit dem Fall der Berliner Mauer begeht die Stadt Brackenheim den Tag der Deutschen Einheit mit einer Feierstunde. „Das wir uns zu diesem Anlass in Brackenheim versammeln, ist eng mit dem Erbe unseres großen Sohns, Bundespräsident Theodor Heuss, verbunden“, führte Bürgermeister Thomas Csaszar aus. Schließlich habe er als Mitglied des Parlamentarischen Rats dem Grundgesetz seinen Stempel aufgedrückt. Dort heißt es bereits in der Präambel: „Das gesamte deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden“. Neben der Freude darüber, dass dies im Jahr 1989 auch tatsächlich gelungen ist - und zwar ohne jegliches Blutvergießen- bietet die Veranstaltung auch die Möglichkeit, sich mit aktuellen gesellschaftlichen und politischen Themen auseinanderzusetzen. Rund 400 Gäste machten am vergangenen Samstag von dieser Möglichkeit Gebrauch und brachten durch ihre Teilnahme auch ihre Wertschätzung für das jahrzehntelange Engagement der Stadt Brackenheim zur Durchführung dieser besonderen Veranstaltung zum Ausdruck.
Die Würde des Menschen
Bürgermeister Thomas Csaszar stellte insbesondere Artikel 1 des Grundgesetzes in den Mittelpunkt seines Grußworts: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Theodor Heuss mit den weiteren 60 Männern und vier Frauen des Parlamentarischen Rates habe sich ganz bewusst dazu entschieden, diesen Artikel der deutschen Verfassung voranzustellen. Die Würde des Menschen zu schützen ist somit die erste und wichtigste Aufgabe unseres Staates. „Und: Diese Menschenwürde gilt für jeden Menschen unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Religion, Hautfarbe oder Alter. Man muss sie nicht verdienen oder erarbeiten, man kann sie auch nicht verlieren“, betonte Bürgermeister Thomas Csaszar. Gerade in diesen unruhigen Zeiten seien daher alle Bürgerinnen und Bürger gefordert, die Werte unserer Demokratie zu verteidigen – nach außen und nach innen. „Wir sind aber auch gefordert, Sorge dafür zu tragen, dass aus den derzeit sichtbaren Rissen keine Gräben werden, und dass das stabile Fundament – unsere Verfassung, unser Grundgesetz – nicht ins Wanken gerät“, brachte er zum Ausdruck.
Zur Wiedervereinigung
„Insbesondere im Hinblick auf Infrastruktur und Gesetzgebung haben wir bereits ein gutes Stück Einheit geleistet“, unterstrich Thorsten Frei. Die Wiedervereinigung, das Zusammenwachsen zweier Staaten, sei jedoch nichts, dass über einen Einigungsvertrag geregelt werden kann, sondern vielmehr eine Generationenaufgabe: „Es wird keinen Schlusspunkt geben“. Nicht vergessen sollte man in diesem Zusammenhang, dass sich durch die Wiedervereinigung für Ostdeutsche viel mehr geändert habe als im Westen der Republik: „Manche sind über Nacht in einer anderen Welt aufgewacht“, unterstrich er, und manche hätten anschließend eben nicht überall die einst versprochenen „blühenden Landschaften“ erlebt.
Erfolgsgeschichte Grundgesetz
„Das Grundgesetz ist nicht nur eine der ältesten, sondern auch eine der erfolgreichsten Verfassungen der Welt“, betonte Frei. Es sei nicht weniger als die Grundlage davon, dass die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland seit 80 Jahren in Frieden leben können. Das Volumen des Grundgesetzes habe sich in den vergangenen Jahren im Zuge von 67 Ergänzungen zwar verdoppelt, die Qualität sei jedoch dadurch nicht unbedingt besser geworden. Während sich frühere Verfassungen deutscher Republiken auf die Staatsform und die Organisation des Staatsapparats konzentriert haben, haben Theodor Heuss und seiner Mitstreiter/-innen des Parlamentarischen Rats ganz bewusst die Menschenwürde der Verfassung vorangestellt: „Denn aus ihr ergibt sich alles weitere“.
Werte verteidigen
Die Art, wie wir in Deutschland leben, sei derzeit einigen Bedrohungen ausgesetzt. Von innen durch Menschen, die die Werte des Grundgesetzes nicht respektieren sowie von Parteien in unseren Parlamenten, die den Artikel 1 völkisch verengen, sowie von außen durch Diktatoren und Autokraten, die Grenzen verschieben und freiheitliche Gesellschaften destabilisieren wollen. „Eine erfolgreiche Gesellschaft muss daher eine Kraft von innen entfalten und über ein stabiles Fundament verfügen“, betonte er. „Deshalb müssen wir uns wieder mehr anstrengen und etwas für unserer europäische Sicherheit tun“, brachte er zum Ausdruck. Die Friedensdividende der vergangenen Jahrzehnte seit der Wiedervereinigung sei aufgebraucht. Nun gelte es, wieder mehr in die Verteidigung, mehr in die Nato, mehr in die europäische Sicherheit zu investieren sowie die Ukraine zu stärken und so einen Beitrag dazu zu leisten, dass imperiale Staaten durch Erfolge auf dem Schlachtfeld „keinen Geschmack auf mehr bekommen“.
„Demokratie braucht Demokraten“
Mit diesem Zitat des verstorbenen CDU-Granden Wolfgang Schäuble läutete Thorsten Frei den Schluss seiner Festrede ein. Das Grundgesetz sei auch die Antwort auf die Katastrophe des 2. Weltkriegs und des Dritten Reichs gewesen. „Uns alle trifft daran keine Schuld, aber wir alle tragen die Verantwortung, dass so etwas nie mehr passiert und wir tragen letztlich auch die Verantwortung, in welcher Gesellschaft wir leben werden“, betonte er. Nur durch das Zahlen von Steuern werde der Einzelne dieser Verantwortung nicht gerecht, es gelte vielmehr, selbst aktiv zu werden und selbst für Freiheit, Demokratie sowie Rechtsstaatlichkeit einzustehen. „Das Grundgesetz bietet hierfür das Fundament", so Frei. Mut mache ihm daher, dass es in Deutschland nach wie vor viele Menschen gibt, die sich ehrenamtlich engagieren – in Gemeindräten und Kreistagen, in Vereinen und Kirchengemeinden, in Rettungsdiensten und in Schulen. Erste Aufgabe des Staats sei es dabei, dieses Engagement nicht nur zu ermöglichen, sondern zu schützen.
„Wir müssen uns bewusst sein, was wir unserer Verfassung zu verdanken haben: Freiheit, Frieden, Rechtsstaatlichkeit und Wohlstand für eine breite Mehrheit unserer Gesellschaft“, appellierte er zum Abschluss seiner Festrede.
Stehempfang
Zum Ausklang der Feierstunde hatten die Besucherinnen und Besucher dann die Gelegenheit, sich beim anschließenden Stehempfang in gemütlicher Runde bei einem Gläschen Wein über die Rede auszutauschen sowie über die Impulse und Denkanstöße des Gastredners zu diskutieren. Die Stadt Brackenheim dankt herzlich dem Musikverein Brackenheim e.V. unter der Leitung von Erwin Kornherr, der in bewährter Form für die musikalische Umrahmung der Feierstunde sorgte.